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Landessozialgericht urteilt zum sozialversicherungsrechtlichen Status von Vertretern eines Praxis- oder Apothekeninhabers

In den letzten Jahren ist die sozialversicherungsrechtliche Einordnung der Ärzte, Zahnärzte und Apotheker, welche den Praxis- bzw. Apothekeninhaber vertreten, zunehmend in den Fokus der Betriebsprüfungen geraten. Jahrelang war dies überhaupt kein Thema und es gab eine Vielzahl von offiziellen Verlautbarungen sowohl der Deutschen Rentenversicherung wie auch der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger, wonach solche Honorarkräfte „selbstverständlich“ nicht der Sozialversicherungspflicht unterlägen. An dieser Auffassung hat die Deutsche Rentenversicherung aber zunehmend nicht mehr festhalten wollen. Es gab und gibt eine Vielzahl von Betriebsprüfungen, bei denen die Sozialversicherungspflicht bejaht wurde. Auch einige Sozialgerichte haben die Position der Deutschen Rentenversicherung unterstützt, trotz der eindeutigen, anderslautenden offiziellen Verlautbarung der Deutschen Rentenversicherung. Die meisten Praxis- und Apothekeninhaber scheuten in der Folge den Gangvor das Sozialgericht bis hin zum Landessozialgericht oder gar Bundessozialgericht, ging es doch in den meisten Fällen ging es um eher niedrige 4-stellige Beträge oder gar noch weniger. Die praktische Auswirkung der neuen Spruchpraxis war für die Praxis- bzw- Apothekeninhaber jedoch erheblich. Es gestaltete sich zunehmend schwierig Vertreter zu finden, die bereit waren, sich unter Berücksichtigung dieser Spruchpraxis für wenige Tage oder ein oder zwei Wochen anstellen zu lassen. I.d.R. wollten alle Beteiligten eine pragmatische Vorgehensweise und eine Zahlung der Vergütung gegen Rechnung. Vertreter, die noch zuvor über mehrere Jahre regelmäßig als Honorarkräfte für die Inhaber tätig waren, verzichteten aus diesen Gründen häufig auf eine weitere Tätigkeit für die Inhaber.

Auch von unserer Kanzlei wurden mehrere Verfahren dieser Art geführt. Nunmehr haben wir endlich in einem Verfahren eine Entscheidung eines Landessozialgerichts erwirkt, hier des LSG Nordrhein-Westfalen (LSG NRW v. 10.06.2020 L 8 BA 6/18). Das Landessozialgericht hat in dem noch nicht rechtskräftigen Urteil klargestellt, dass die typische Vertretung eines Apothekeninhabers nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Aus Sicht des Landessozialgerichts ist die Rechtslage auch derart eindeutig, dass die Zulassung der Revision zum Bundessozialgericht abgelehnt wurde. Das anonymisierte Urteil haben wir auf unserer Website veröffentlicht, es findet sich auch auf der Website der Justiz NRW.

Ferner hat das LSG NRW im Februar 2020 in einem weiteren Verfahren (Vertretung eines Arztes als Praxisinhaber) im Rahmen der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass man auch bzgl. der Vertretung eines Praxisinhabers davon ausgeht, dass eine Sozialversicherungspflicht regelmäßig nicht besteht. Die Deutsche Rentenversicherung hat sodann im Rahmen der mündlichen Verhandlung die angefochtenen Bescheide aufgehoben und erklärt, dass man im vorliegenden Fall nicht von einer Sozialversicherungspflicht ausgeht. Es ist zu hoffen, dass mit Blick auf dieses Urteil die Deutsche Rentenversicherung in den noch anhängigen Verfahren ihre Position revidiert und bei zukünftigen Betriebsprüfungen die Vertreter nicht mehr als sozialversicherungspflichtig einstuft.

Es mag sicherlich noch Fälle geben, in denen angesichts der Gesamtumstände (bspw. große Berufsausübungsgemeinschaft mit vielen Gesellschaftern) die Sachlage anders beurteilt werden kann und man im Einzelfall zu prüfen ist, mit welchen Argumenten eine Sozialversicherungspflicht bejaht oder abgelehnt wird. Für den Regelfall der Vertretung sollte jedoch nunmehr Klarheit geschaffen sein.

Burgwedel, 17.09.2020

Ihre Ansprechpartner:

Rechtsanwalt Luis Fernando Ureta

Fachanwalt für Medizinrecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht

Rechtsanwältin Viktoria Beisteiner

Fachanwältin für Arbeitsrecht

Rechtsanwälte lehmann und partner – Ehlbeek 3, 30938 Burgwedel

Tel: 05139 / 970 35 – 0, Fax: 05139 / 970 35 – 1, kanzlei@ralup.de

Kategorie: Allgemein ·Kanzlei ·Urteile | von: Benjamin Siggel

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